Argumente für den Schachsport
Mit welchen Argumenten kann ich Dritte vom Schachsport überzeugen? Diese Frage stellt sich jeden Vereinsverantwortlichen, wenn er neue Mitglieder gewinnen will. Ob bei der Erstellung eines Werbeblattes, im Rahmen einer Öffentlichkeitsaktion mit Schachstand oder beim spontanen Spielabendbesuch durch Schachinteressierte. Grundlage einer erfolgreichen Mitgliedergewinnung ist eine gute Vorbereitung. Seitens des Deutschen Schachbundes wurden Argumentationshilfen für den Kinder- und Jugendbereich erarbeitet, die hier im folgenden dargestellt werden.
1995 setzte der Deutsche Schachbund eine Strategiekommission ein, die die im März 1998 erschiene Broschüre »Grundzüge einer zielgruppenspezifischen Marketing-Konzeption für Schach - Vorschläge und Empfehlungen« als Ergebnis ihrer zweieinhalbjährigen Arbeit herausbrachte. Ziel der vorgelegten Informationen und dargestellten Massnahmenkonzepte ist es, die Beteiligung am Schachsport zu erhöhen bzw. zu intensivieren und die Akzeptanz für die sozialen Möglichkeiten des Schachsports in Vereinen und anderen Gemeinschaften (z.B. Schüler) zu erhöhen. Ein Teil der Broschüre sind Argumentationshilfen zur Gewinnung von Kindern und Jugendlichen (vgl. S21ff). Diese werden im folgenden unkommentiert aufgeführt.
Für eine sinnvolle Anwendung der Argumente ist ein Auswendiglernen unzulänglich. Je nach vorliegender Situation bzw. Massnahme des Vereins müssen die passenden Argumente herausgezogen, sprachlich aufbereitet und durch eigene Ideen und vereinsspezifische Umstände (Vorteile) erweitert werden.
Tip: Sollten Sie drei oder mehr Personen im Rahmen einer Aktionsvorbereitung sein, sollte jede Person für sich die Argumente nach ihrer Wertigkeit für die anstehende Aktion ordnen (z.B. die 15 wichtigsten Argumente auswählen, dann dass wirksamste nach oben in die Liste stellen usw.). Danach wird eine gemeinsame Liste erstellt, mit der Prämisse, dass jede Einzelperson bemüht ist, möglichst viel seiner persönlichen Liste durchzusetzen. Die dabei entstehende Diskussion führt (a) zu einem qualitativ hochwertigen Ergebnis und (b) die Auseinandersetzung mit den Gründen, warum ein Argument gut oder weniger gut ist, qualifiziert die Teilnehmer während der späteren Werbeaktion überzeugend zu argumentieren. Bei sechs Teilnehmern sollten schon 2 Arbeitsgruppen gebildet werden. Sie werden zu ähnlichen Ergebnissen kommen.
Ulrich Giese
Referent für Breiten- und Freizeitschach
(A) Verein -> Jugendliche, Eltern
Adressaten im einzelnen:
Gruppe 1: Jugendliche / Gruppe 2: Eltern
Argumentation gegenüber Gruppe 1:
Allgemeine Argumente, die für Vereine insgesamt gelten, sind folgende:
- Lebendiges Vereinsleben
- Freundschaft mit Gleichgesinnten (»Clique«)
- Fahrten, neue Orte und Menschen kennenlernen
- Zusätzliche Freizeitaktivitäten
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von zumeist rational ausgerichteten Sachargumenten:
- Angebot einer schrittweisen Ausbildung mit Leistungsprüfungen (Diplome)
- Hinweise auf die große historische Tradition des Schachs
- Betonung der Eigenverantwortung
- Vermittlung der ästhetischen Reize des Schachs
- Aufbau eines positiven Selbstwertgefühls (Erfolgserlebnisse)
- Einführung in die Geheimnisse der großen Schachmeister
- Erzeugung von Überlegenheit gegenüber dem Schachcomputer
- Förderung der Kreativität (Problemschach, Studien)
- Nachvollziehbarer Aufstieg in einer Rangliste.
Gegenüber den Jugendlichen muß insgesamt eher emotional argumentiert werden: Schach macht Spaß, ist »kultig« und deshalb eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Beispielhafte Vorschläge für Slogans, in die eine so ausgerichtete Argumentation »gegossen« werden kann, sind:
- Schach - schon Kaiser Franz spielte Schach (Tradition)
- Schach - hier bist du der König! (= den einzelnen direkt ansprechen)
- Schach - Du bestimmst wann und wo! (Schach ist orts- und zeitungebunden)
- Schach - der Kopfsport! Oder: Schach - Schwitzen im Gehirn!
- Schach - der etwas andere Sport!
- Schach - Zweikampf Mensch gegen Mensch
- Schach macht Schule schöner!
- Schach - Schüler setzen Lehrer matt!
- Schach ist grell
- Schach ist besser!
- Wir sind laut, aber stark! (Argument jüngerer Schachspieler zur vereinsinternen Verwendung)
Argumentation gegenüber Gruppe 2:
- Vereinsangebot mit »gehobenem Niveau« und aggressionsfreiem Sozialklima
- persönliche Betreuung und Zuwendung
- spielerische Schulung des Denkens, des Gedächtnisses und der Konzentration
- Schach regt zu selbständigem Arbeiten mit Büchern und mit dem Computer an
- Schach unterstützt die Erziehung zu Disziplin und Selbstdisziplin
- ausfüllende Freizeitbeschäftigung, bietet Ausgleich
- Schach bietet Spielangebote mit differenzierter zeitlicher Beanspruchung
- unabhängig von Wettereinflüssen.
Den Eltern muss in der Argumentation das Gefühl vermittelt werden, dass die Kinder sozial gut aufgehoben und betreut sind und durch den Schachsport viele nützliche Dinge für Ausbildung und späteres Berufsleben lernen.
(B) Schachorganisation -> Schulschachgruppen und ihr Umfeld
Adressaten im einzelnen:
- Schüler
- Lehrer
- Eltern
- Schulleitung
Insbesondere im Hinblick auf Interessenweckung bei Schülern muss das Image des Schachspielers »entstaubt« werden, damit Schach weiterhin eine Rolle bei der Zeitbudgetierung der Jugendlichen spielt. Systematische, aktuelle Imageuntersuchungen, gerade bei diesen Zielgruppen, liegen jedoch derzeit nicht vor. Gegenüber Eltern und Lehrern sollte in folgender Weise argumentiert werden:
Schach...
- erleichtert Lernen spielerisch
- fördert räumliches Denken, abstraktes Denken und planendes Denken
- fördert logisches, analytisches und kreatives Denken
- erhöht Beurteilungsvermögen, Konzentrationsfähigkeit und Entschlussfähigkeit
- lehrt Schwierigkeiten zu überwinden und Probleme zu lösen
- bedeutet Verantwortung für eigene Entscheidungen zu übernehmen und mit den Konsequenzen fertig zu werden
- besitzt einen kulturellen / kulturgeschichtlichen Wert
Zusätzlich sollten Lehrer und Schulleitungen (sowie Schulverwaltungen) mit folgenden Argumenten überzeugt werden:
- Leiter einer Schach-AG zu sein verschafft Profil
- Schulen, die Schach-AGs haben, sind profilierter als andere Schulen
- Schach kann in den Unterrichtsbereichen Mathematik, Literatur, Sprachen, Geschichte, Sozialkunde etc. nutzbar für Projekte und für den laufenden Unterricht gemacht werden. Insbesondere könnte Schach eine Rolle im Informatikunterricht spielen (Schachprogramme)
Entsprechende Materialien sollten erstellt und in einer Kampagne den Lehrerinnen und Lehrern angeboten werden (Anm. d. Redaktion - Vorsicht, ohne entsprechende Materialien könnten die genannten Argumente bei Lehrern und Schulleitern zum Rohrkrepierer mutieren).
Fazit: Die Argumentation gegenüber den Kindern und Jugendlichen muss emotionaler als diejenige gegenüber Lehrern und Eltern gehalten sein. Im Hinblick auf Lehrer und Schulleitung geht es um die Argumentation, weshalb Schülerinnen/Schüler für eine Schachveranstaltung vom Unterricht befreit werden sollten. Daneben muss die Argumentation darauf abgestellt sein, Lehrerinnen und Lehrer davon zu überzeugen, eine Schacharbeitsgemeinschaft (Schach-AG) zu gründen. Diese Argumentation ist allerdings stark situationsabhängig.