Keine Chance - die aber genutzt!
Und Zahar Efimenko schlägt Deutschland wieder 1:0

Keine schlechte Trefferquote hatte der Vorbericht des doppelten Städteduells zwischen Berlin und Bremen, was die dort geäußerten Wünsche aus Werder-Sicht angeht: Wir gewannen beide Kämpfe, wenn auch knapp, die BSG machte den vorbildlichen Gastgeber und überreichte Kreuzberg einen Punkt — und gänzlich unerwartet wie das 4:4 von Baden-Oos 1b gegen Porz 1a kam die Nachricht vom Punktgewinn St. Ingberts gegen Tegernsee. Den kleinen Brettpunkterückstand gegenüber den Oberbayern, um doch noch Dritter zu werden, müssen wir dann eben gegen Porz gutmachen ;-).

Gegen Neukölln setzte sich unsere Tradition der doppelten Punktgewinne zwar fort, aber es war nicht so turbulent wie sonst. Relativ früh hatte sich nämlich unsere obere Hälfte gegen die traditionell mit nur einem Profi angetretenen Hauptstädter klar mit 3,5:0,5 durchgesetzt. Dabei erlegte unser neuer Jungstar Zahar Efimenko den Drachen Stefan Berndts, während Kapitän Polzin nach eigener Aussage seine Stellung gegen Babula mit einem »Katastrophenzug« ruinierte. Und auch Yannick Pelletier, der zuvor wegen eines möglichen Remis' angefragt hatte, konnte noch vor der ersten Zeitkontrolle den vollen Punkt einfahren. Damit aber nicht alles so geordnet lief, hatte am Spitzenbrett Luke McShane wieder ordentlich die Uhr herunterlaufen lassen, so daß das folgende Zeitnotgehacke mit Brynell laut Coach C.D. Meyer nur noch begrenzt mit Schach zu tun hatte. Doch dank eines taktischen Witzes konnte der Berliner Schwede trotz Mehrfigur dem Dauerschach nicht ausweichen.

Ganz anders sah es im Unterbau aus: Hier wurde dunkler Verdacht gegen die Stellungen von Lars Schandorff und Rainer Knaak schließlich zur bitteren Gewißheit einer Doppelniederlage, wobei Knaak wohl noch ganz zum Schluß eine Rettung verpaßte, die ihm sein Gegner Lars Thiede sofort nach der Partie zeigte. Daß uns aber auch dies nicht sonderlich beunruhigte, lag an den letzten beiden Brettern. Hier hatten Almira Skripchenko, über die sich ein ziemlich hoher Prozentsatz der überwiegend männlichen Zuschauer wieder sehr freute, und Sven Joachim veritable materielle Vorteile. Doch trotz allen Einsatzes kamen nur zwei halbe Punkte heraus, die allerdings für die Mannschaftspunkte reichten.

12. Runde
SV Werder Bremen 4½:3½ SFR Neukölln
McShane ½:½ Brynell
Efimenko 1:0 Berndt
Babula 1:0 Polzin
Pelletier 1:0 Borriss
Schandorff 0:1 Poldauf
Knaak 0:1 Thiede
Skripchenko-L. ½:½ Schwarz
Joachim ½:½ Ahlander


Das Match BSG gegen Kreuzberg entwickelte sich zu einem Marathontreffen, in dem nicht weniger als drei Partien über 80 Züge gingen. Dies war anfangs nicht unbedingt zu erwarten, denn nach zwei Stunden teilte man an Brett 1 (Almasi—Sakaev), nach einer knappen weiteren an 2 (Bacrot—Nisipeanu) die Punkte — für mich etwas erstaunlich, mußte man doch aus BSG-Sicht an den hinteren Brettern eher Nachteile befürchten. So kam es denn auch, sowohl der gesundheitlich etwas indisponierte Martin Breutigam, der nach Auskunft seines Vaters und Mannschaftsführers Manfred eigentlich gar nicht hätte spielen dürfen, als auch Otto Borik verloren ihre Partien, so daß es nach dem zwischenzeitlichen Erfolg von Hjartason gegen Maiwald einer Energieleistung von Gennadij Fish bedurfte, wenigstens den Ausgleich zu erzielen.

12. Runde
Bremer SG 4:4 SC Kreuzberg
Sakaev ½:½ Almasi
Bacrot ½:½ Nisipeanu
Hjartarson 1:0 Maiwald
Agrest ½:½ Tischbierek
Fish 1:0 Lau
Gisbrecht ½:½ Kalinitschew
Breutigam 0:1 Volke
Borik 0:1 Loeffler


Am Sonntag gegen Kreuzberg war dann wie erwartet Schluß mit der Gemütlichkeit für uns. Nach ca. zwei Stunden signalisierte mir BSG-Mäzen Belilowski mit gesenktem Daumen seine Einschätzung unserer Aussichten, und so viel mehr Optimismus herrschte auch bei uns nicht. Doch dann gab recht unvermutet Almasi Remis, obwohl die Bauernstruktur unseres Oxford-Philosophie- (und Mathematik-)studenten McShane auch bei buddhistischer Gelassenheit Anlaß zu ernster Sorge in einem Endspiel geboten hätte. Nach und nach verzogen sich aber auch an anderen Brettern die ärgsten Wolken.

Als uns dann Yannick mit seinem zweiten Sieg in Führung brachte, schien doch noch die Sonne zu scheinen — bis ausgerechnet Vlastimil Babula unsere einzige immer vielversprechend aussehende Partie verschusterte. Doch der zugegebenermaßen nicht mehr ganz taufrische Trick eines Wechsels an Brett 8 zahlte sich dann aus. In einer nach Expertenmeinung sehr guten Partie überwand Gerlef Meins Stefan Löffler — und diese Führung wurde dank zäher Verteidigung insbesondere von Mlle. Almira und Lars Schandorff auch bis zum Schluß gehalten. Dabei war die schönste Bundesliga-Spielerin hin- und hergerissen: traurig, daß sie mit der Punkteteilung vom Vortag endgültig ihre Chancen auf eine GM-Norm vertan hatte, aber auch froh, heute die Mannschafts-Punkte mit gerettet zu haben.

13. Runde
SC Kreuzberg 3½:4½ SV Werder Bremen
Almasi ½:½ McShane
Nisipeanu ½:½ Efimenko
Maiwald 1:0 Babula
Tischbierek 0:1 Pelletier
Lau ½:½ Schandorff
Kalinitschew ½:½ Knaak
Volke ½:½ Skripchenko-L
Loeffler 0:1 Meins


Froh sein konnte auch die BSG, daß Spitzenmann Sakaev doch noch einen vollen Punkt aus dem Turmendspiel gegen Brynell herauspressen konnte, denn der erneute Totalschaden an den letzten beiden Brettern hatte zwischenzeitlich einen weiteren Punktverlust befürchten lassen. Doch insbesondere die glänzende Form von Fish, der mit seinem Doppelpack am Wochenende eine GM-Norm endgültig unter Dach und Fach brachte, und die vom anderen 2-Punkte-Mann Hjartason verhinderten diese Überraschung.

13. Runde
SFR Neukölln 3½:4½ Bremer SG
Brynell 0:1 Sakaev
Berndt ½:½ Bacrot
Polzin 0:1 Hjartarson
Borriss ½:½ Agrest
Poldauf 0:1 Fish
Thiede ½:½ Gisbrecht
Schwarz 1:0 Breutigam
Ahlander 1:0 Borik


Eine außergewöhnliche Leistung vollbrachte Efimenko: Sein klares Schwarz-Remis gegen Nisipeanu war nämlich genau genommen seine dritte Partie des Wochenendes, hatte er doch erneut auf der deutschen Botschaft in Kiew vor Erteilung des Visums eine »Nachweispartie« gegen einen dort angestellten Spieler bestreiten müssen, mithilfe dessen dort die Frage geklärt wird, ob es bei Leuten, die Einladungen zu Schachevents in Deutschland vorweisen, tatsächlich um Schachspieler handelt. Zwischenstand des Matches Efimenko–BRD nunmehr: 2:0. Wie man sieht: Auch Schach schafft Arbeitsplätze!

Till Schelz-Brandenburg
SV Werder Bremen

Bundesligatabelle nach der 13. Runde
Pl. Verein Sp. MP BP
1. SC Baden Oos 13 24 71½
2. SG Köln Porz 12 22 69
3. TV Tegernsee 12 18 57½
4. SV Werder Bremen 12 18 55
5. Hamburger SK 12 17 61½
6. Bremer SG 12 16 55
7. Solinger SG 12 12 52
8. SC Kreuzberg 12 11 46½
9. SF Katernberg 12 10 47
10. SV Wattenscheid 12 10 46½
11. SFR Neukölln 12 8 44
12. SCA St Ingbert 12 6 35
13. SV Hofheim 12 5 34
14. SK König Plauen 12 5 28½
15. Stuttgarter Sfr 13 0 25
16. Lübecker SV 0 0 0