Schach-Bundesliga: Zu viele Chancen vergeben
Höhen und Tiefen am superlangen Schach-Wochenende in Bremen
von C. D. Meyer
Zwei Enttäuschungen erlebten die zahlreichen Zuschauer am Samstag im Haus der Bürgerschaft beim Match des Titelfavoriten Baden-Oos gegen Werder Bremen: Erstens waren die Super-Großmeister Anand und Svidler nicht am Start, zweitens musste sich Werder trotz gegnerischer Schwächung nach hartem Kampf mit 3,5 : 4,5 Punkten denkbar knapp geschlagen geben.
Werders Jungmeister Zahar Efimenko (lks) im harten Kampf gegen Altmeister Dr. Robert Hübner
Dabei hätten die Badenser ohne weiteres wieder einen (wie im Vorjahr), vielleicht sogar beide Mannschaftspunkte (wie vor zwei Jahren) an der Weser lassen können. Doch mangelte es den Bremern ganz klar an der Chancenauswertung: Luke McShane ließ Alexei Shirov nach einem glänzenden Enteropfer am Königsflügel ziemlich blaß aussehen; leider vergab der 20jährige englische Student besonders im 28. Zug (f6!+- statt Tff1??) und 38. Zug (Tg1! statt h4?) kurz vor der Zeitkontrolle seinen gewinnträchtigen Vorteil. Auch Zahar Efimenkos Partie gegen Dr. Robert Hübner stand (laut Eingeständnis des deutschen Altmeisters) sehr günstig für den 19jährigen Ukrainer, aber nach einem doppelten Figurenopfer versandete das Spiel nur in ein Remis durch Dauerschach. Am Ende verlor Werder lediglich eine einzige Partie und dadurch das ganze Match, und zwar an Brett 2 in der Begegnung Michal Krasenkow – Zbynek Hracek. Dort fiel Werders Hracek in einer langen Theorievariante der Damenindischen Verteidigung dem Eröffnungsspezialisten aus Polen zum Opfer. Ein Qualitätsopfer bot zwar noch zähen Widerstand, doch die vermeintliche Festung in einem interessanten Endspiel sollte infolge Zugzwangs nicht standhalten. Hier alle Einzelergebnisse:
Baden-Oos | 4½:3½ | Werder Bremen |
---|---|---|
Shirov | remis | McShane |
Krasenkow | 1:0 | Hracek |
Dautov | remis | Pelletier |
Hübner | remis | Efimenko |
Jobava | remis | Babula |
Schlosser | remis | Fish |
Buhmann | remis | Schandorff |
Keitlinghaus | remis | Knaak |
Andererseits hatten die Bremer das nötige Quäntchen Glück, das man stets zu einem Sieg braucht, bereits am Tag zuvor gegen den Erfurter SK gehabt. In einem vorgeholten Match der Einzelrunde 7 gegen den Reisepartner in der Werder-Halle gelang ein überraschend enger 4,5-Erfolg. Skripchenkos völlig unnötigen Verlust aus einem relativ simplen Remisendspiel gegen Peter Enders machten Babula und dann Efimenko durch volle Punkte mehr als wett. Das Zünglein an der Waage indes war das Zeitnot-Debakel zwischen Pelletier und Votava: Bei beiderseits hängender Fahne ließ der Tscheche gleich dreimal die Gewinnfortsetzung aus (35/38/40...T8d5-+) und gab sich stattdessen mit einer Stellungswiederholung zufrieden.
Werder Bremen | 4½:3½ | Erfurter SK |
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Hracek | remis | Haba |
Pelletier | remis | Votava |
Efimenko | 1:0 | Machelett |
Babula | 1:0 | Casper |
Fish | remis | Brüggemann |
Schandorff | remis | Müller |
Knaak | remis | Vökler |
Skripchenko | 0:1 | Enders |
Am Sonntag wieder in der Bürgerschaft traf Werder auf das überraschend starke Aufsteiger-Team aus Eppingen, das sich bis dato mit 5 von 6 möglichen Mannschaftspunkten bravourös gehalten hatte. Allerdings waren die nominell überlegenen Bremer noch etwas verschnupft vom Vortag und heiß auf Wiedergutmachung. Bis zur ersten Zeitkontrolle hatten Schandorff durch einen sizilianischen Konter sowie McShane und Hracek jeweils mit Remis zum 2:1 vorgelegt. Für große Sicherheit sorgten Babula und wieder Efimenko mit zwei schwer errungenen Punkten. So sollte es nicht mehr ins Gewicht fallen, daß Almira Skripchenko – offenbar unter großer Konzentrationsschwäche leidend - diesmal eine glatte Gewinnstellung zum Remis verdarb und Yannick Pelletier ein leicht besseres Endspiel gar zum Verlust überzog. Zu guter Letzt war es Werders Neuzugang, IM Gennadij Fish, vorbehalten, nach über sechs Stunden ein günstiges Turmendspiel geschickt in ein gewonnenes Bauernendspiel umzuwandeln.
Werder Bremen | 5½:2½ | SC Eppingen |
---|---|---|
McShane | remis | Gyimesi |
Hracek | remis | Acs |
Pelletier | 0:1 | Medvegy |
Efimenko | 1:0 | Braun |
Babula | 1:0 | Schulze |
Fish | 1:0 | Koch |
Schandorff | 1:0 | Schneider |
Skripchenko | remis | Rau |
Pl. | Team | Sp. | BP | MP |
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1. | SG Porz | 5 | 29,0 | 10 |
2. | SC Baden-Oos | 5 | 27,5 | 10 |
3. | TV Tegernsee | 5 | 24,0 | 8 |
4. | Werder Bremen | 5 | 23,0 | 8 |
5. | Mülheim Nord | 4 | 18,5 | 7 |
6. | SC Kreuzberg | 5 | 25,5 | 6 |
7. | Hamburger SK | 5 | 23,0 | 6 |
8. | SF Katernberg | 4 | 17,5 | 6 |
9. | SC Eppingen | 5 | 16,5 | 5 |
10. | SV Hofheim | 5 | 16,5 | 4 |
11. | SV Wattenscheid | 5 | 18,0 | 3 |
12. | SF Neukölln | 5 | 16,5 | 3 |
13. | SGA Solingen | 5 | 17,5 | 1 |
14. | Erfurter SK | 5 | 15,5 | 1 |
15. | Stuttgarter SF | 5 | 12,0 | 0 |
16. | Preetzer TSV | 5 | 11,5 | 0 |
(Sp. = absolvierte Runden, BP = Brettpunkte, MP = Mannschaftspunkte, Plätze 13-16 = Abstiegsbereich)