David Höffer vom DSK ist Deutscher Hochschulmeister 2006
Vom 17. bis zum 21. Oktober fand die diesjährige Hochschulschachmeisterschaft in Hamburg statt, um den Nachfolger für Christian Schramm (TU Darmstadt) aus dem Jahr 2004 zu ermitteln.
Mit etwas gemischten Gefühlen meldete ich mich an – war doch im vergangenen Jahr die Hochschul-Mannschaftsmeisterschaft kurzfristig ausgefallen. Die Meldeliste enthielt allerdings nur 16 Spieler. Mein Vereins- und Mannschaftskamerad Malte Meyer war leider nicht darunter und schaffte es aufgrund der für Schachspieler wohl sehr gewöhnungsbedürftigen Hochschulsport-Bürokratie auch nicht mehr, noch nachgemeldet zu werden.
Das Turnier selbst begann mit einem standesgemäßen Sieg über einen Hobbyspieler, der wohl seine erste Turnierpartie spielte und am Ende auch 0/7 machte. Das Feld konnte sich aber durchaus sehen lassen: 3 FMs, insgesamt 10 Spieler mit über 2000 Elo.
Nach einem Abend mit Erkundung einiger Ecken Hamburgs und dem Fernseherlebnis des Hamburger Champions-League-Spiels in Porto, brachte der zweite Tag mir gleich das Duell mit dem an 2 gesetzten FM Julian Zimmermann (2313) aus Hamburg. In einer Englischen Partie übersah ich allerdings ein zuvor eigentlich durchaus erspähtes Motiv und musste die Qualität für einen Bauern geben. In der Folge belagerte er meine Stellung so sehr, dass ich nur noch mit dem König hin- und herziehen konnte. Dennoch ließ er mir die Chance, während seiner Restbedenkzeit in eine einigermaßen annehmbare Stellung zu kommen. Am Ende musste Zimmermann sogar noch kämpfen, um nicht auf Zeit zu verlieren. Mit dem Remis befanden wir uns in guter Gesellschaft, der Topgesetzte Vitali Braun (2355) musste ebenfalls eine Punkteteilung hinnehmen und auch die Nummer 3, Jeronimo Hawellek (2305), gewann nicht, so dass letztlich kein Spieler mit 100% verblieb.
Das Essen in der aus Sicht eines Bremers (mit der besten Mensa Deutschlands) sehr lobenswerten Hamburger Mensa war dank unserer Zeitnotschlacht nur kurz, anschließend stand für mich eine Weißpartie gegen den Mannheimer Frank Zimmer an. Da ich gewinnen wollte, ärgerte ich mich recht bald über meine Eröffnungswahl, die zwar einige Fallen stellte, eigentlich aber forciert in ein remisliches Endspiel abwickelt. Doch mein Gegner lief in eine aufgestellte Falle und erlaubte mir somit einen deutlichen Entwicklungsvorsprung. Aber obwohl er in hochgradiger Zeitnot sowohl Probleme mit seiner Königsstellung als auch mit den wenigen Feldern seiner Dame hatte, verteidigte er sich zäh und packte sogar noch eine Gegendrohung aus – letztlich fand ich aber heraus, dass der schwarze König trotzdem im Mattnetz zappelte. Die Konkurrenz schlief unterdessen nicht und so kamen auch Braun, Zimmermann und Hawellek auf 2,5/3.
Schlafen war allerdings eine gute Idee für die kommende Nacht, nachdem der Werder-Erfolg in der Champions-League mitverfolgt worden war. Vorbereiten konnte ich mich ohnehin nicht – durch Maltes kurzfristige Abwesenheit hatte ich nicht mehr daran gedacht, den Vereinslaptop zu organisieren. So versuchte ich es am nächsten Tag erneut mit Weiß gegen FM Vitali Braun (TU Braunschweig) also ohne Vorbereitung. Ich stand erneut im Mittelspiel schlechter und musste wieder einmal eine schwierige Stellung verteidigen. Nachdem Braun aber zu viel wollte, trat ich selbst auf den Plan, konnte Ausgleich erzielen und Remis bieten. Dies lehnte er aber ab und verlor nur wenig später zwei Bauern! Mit diesem Vorsprung ging ich in ein einfach gewonnenes Turmendspiel, spielte jedoch eine Abwicklung verkehrt herum und musste am Ende doch ins Remis einwilligen. Ärgerlich – zumal es an diesem Donnerstag keine Nachmittagsrunde gab, in der man etwas hätte gutmachen können. Stattdessen standen eine Rundfahrt durch den Hamburger Hafen und abends das traditionelle Blitzturnier in der China Lounge an. Auf diese Weise kriegten wir Auswärtigen also auch mal die Reeperbahn zu sehen. Das mit einigen Hamburger Spielern angereicherte Blitzturnier ging an Vitali Braun, ich sparte meine Kräfte für den Folgetag …
Selbiger begann nach einer kurzen Nacht mit einer Schwarzpartie gegen den an sechs gesetzten Gerd Kathstede aus Münster, der bereits gegen Braun remisiert hatte. Eigentlich war ich viel zu müde zum Schachspielen und wollte schon mehrfach Remis bieten, weil mir nichts mehr einfiel. Doch mein Gegner kam mir mit einer kleinen Ungenauigkeit zur Hilfe, auf die hin ich ein recht eher unklares Opfer sah. Dessen Folgen führten aber innerhalb weniger Züge zu klarem Vorteil und wenig später auch zum Matt. Durch diesen Sieg war ich plötzlich Tabellenführer.
Doch nachmittags wartete mit dem Hamburger Jura-Doktoranden FM Jeronimo Hawellek bereits der nächste starke Gegner, gegen den ich – ganz dem Turnierverlauf folgend – auch schnell in Nachteil geriet. Der Damentausch nach bereits wenigen Zügen unter Aufgabe des Läuferpaars war wohl nicht ganz so gut für meinen Spielstil, langsam knetete er die Stellung und baute seinen Vorteil aus. Doch meine Zähigkeit zahlte sich auch diesmal aus: Nach einigen Ungenauigkeiten seinerseits gelang mir mittels 26.h4! der Umschwung, dem das Remis bald folgte.
Da Vitali Braun und Sebastian Gattenlöhner ebenfalls remisierten, stellte sich vor der letzten Runde am Samstag die Tabellensituation in einem Zweikampf zwischen Julian Zimmermann und mir dar. Allerdings war meine Buchholz aufgrund meines Erstrundengegners so miserabel, dass ich bei Punktgleichheit niemals eine Chance gehabt hätte. Doch die Auslosung gab mir Hoffnung: Während ich gegen den starken, aber vielleicht etwas unerfahrenen Oleg Abich antreten musste, hieß es an Brett 1 Zimmermann gegen Gattenlöhner. Dies und Braun – Hawellek an Brett 3 waren die letzten Duelle der »großen Fünf« untereinander. Bis hierhin waren alle (!) diese Partien Remis ausgegangen, was auch Braun und Hawellek nicht änderten. Ich geriet unterdessen mit Schwarz in eine äußerst scharfe Variante, die allerdings für Weiß sehr schwer zu spielen ist. Ein fragwürdiger Einschlag meines Gegners brachte mich auch in Vorteil, doch bei der Schärfe der Partie war bis zum Schluss jedes Ergebnis möglich. Schließlich fand ich aber doch noch einen Gewinnzug und hatte somit meinen Teil für den Meistertitel erfüllt. Gerade als ich aufstand, stellten auch Zimmermann und Gattenlöhner die Figuren wieder auf – sie hatten sich auf Remis geeinigt!
Damit war der Titel des Deutschen Hochschulmeisters unter Dach und Fach, übrigens mein erster Sieg in einem Turnier mit langer Bedenkzeit überhaupt!
David Höffer